Vitalisierung, Chancen und Lernerfahrungen – so sieht die Recovery-Planung deutscher Gruppenreiseveranstalter in Folge der Corona-Pandemie aus – Teil I

Zur besseren Lesbarkeit wird in diesen Artikeln das generische Maskulinum verwendet. Die in diesen Artikeln verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

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Vitalisierung, Chancen und Lernerfahrungen – so sieht die Recovery-Planung deutscher Gruppenreiseveranstalter in Folge der Corona-Pandemie aus – Teil I

29.10.2020

Wie sieht eine Vitalisierung in Folge der Corona-Pandemie für deutsche Gruppenreiseveranstalter aus?

Mit dem Start der Sommerurlaubszeit und einigen Reiselockerungen konnte das Geschäft der deutschen Gruppenreiseveranstalter wieder aktiviert werden. Eigene Rücklagen und Kosteneinsparungen (z. B. Reduktion Marketingbudget) sowie die vom Staat bewilligten Zuschüsse/finanziellen Hilfen (u.a. Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfe) haben in den letzten Monaten zur kurzfristigen Liquiditätssicherung beigetragen. Sanierungsmaßnahmen sehen die Experten als letzten Ausweg und Notlösung an.

Grundlage einer erfolgreichen Vitalisierung ist die Zukunftsfähigkeit des Produkts Gruppenreise, das sich durch den starken Wunsch nach Bekanntschaften und gemeinsamen Erlebnissen der Reisenden auszeichnet. Darüber hinaus vermittelt die organisierte Gruppenreise, im Gegensatz zur Individualreise, ein gesteigertes Sicherheitsgefühl.

Eine Folge der Corona-Pandemie wird sein, dass es zu einer Marktbereinigung innerhalb der gesamten Tourismuswirtschaft kommen wird. Aktuell wird das Gruppengeschäft durch Sicherheits- und Hygieneauflagen gebremst, weshalb eine Neuausrichtung des Produkts zwingend erforderlich ist. Dazu zählt zum einen die Verlagerung hin zu Kleingruppen (4-8 Teilnehmer), die vorerst innerhalb Deutschlands und Europas verreisen werden. Zum anderen werden zukünftige Planungsprozesse mit Leistungspartnern durch „besondere“ Vertragsbedingungen (z. B. gelockerte Stornobedingungen, Umbuchungsmöglichkeiten) flexibler und agiler gestaltet.

Welche Chancen ergeben sich für deutsche Gruppenreiseveranstalter?

Die meisten Chancen sehen die Experten in digitalen Prozessen, die sämtliche Unternehmensbereiche u. a. die Gestaltung des Produktportfolios, Finanzen/Controlling sowie das Management und den Organisationsaufbau beeinflussen. Der Ausbau der digitalen Kommunikation mit den Kunden führt zu Kosteneinsparungen, wobei der Fokus auf einer gesunden Kombination aus Online- und Printlösungen sowie Kundenberatungstätigkeiten liegen wird.

Weitere Chancen ergeben sich aus sowohl flexiblen als auch unflexiblen Planungsmöglichkeiten. Flexibilität erwarten die Gruppenreiseveranstalter vor allem im Einkauf (z. B. Flexibilität in der Zusammenarbeit und Vertragsgestaltung) und der Portfoliogestaltung (z. B. Flexibilität in der Durchführungsgarantie). Als Gründe für unflexible Planungsprozesse werden u. a. die langfristige Preiskalkulation und nötige Planungssicherheit der Leistungsträger und Kunden gesehen.

Auf Grund von Veränderungen des Reiseverhaltens durch die Corona-Pandemie ergeben sich neue Potenziale für die Portfoliogestaltung. Reisende haben zum einen ein höheres Sicherheitsbedürfnis, weshalb sie u. a. kurzfristiger buchen werden. Zum anderen sollten Corona unabhängige Trends wie die Individualisierung, die Nachhaltigkeit und zunehmende Naturverbundenheit ein stärkeres Gewicht in der Planung des Programmes bekommen.

Was sind Lernerfahrungen aus der Corona-Pandemie im Hinblick auf zukünftige Krisen?

Die Lernerfahrungen der Experten beziehen sich hauptsächlich auf den Personalbereich, wobei die Mitarbeiterführung eine wichtige Rolle spielt.

Die größten Fortschritte werden durch eine regelmäßige und transparente Kommunikation mit den Mitarbeitern erzielt und führen dazu, dass der Teamgeist gefördert und trotz Kurzarbeit und Homeoffice eine angenehme Arbeitsatmosphäre geschaffen wird. Des Weiteren stellte sich heraus, dass vor allem mittelständische Unternehmen Dank der meist flachen Hierarchien Vorteile in einer schnelleren Anpassungs- und Entscheidungsfähigkeit haben. Unabhängig von der Größe des Betriebs sehen sich nahezu alle Gruppenreiseveranstalter von politischen Maßnahmen (z. B. Reisewarnungen, Hygienevorschriften) betroffen, die sich aufgrund der komplexen Querschnittsmaterie des Tourismussektors durchaus existenzgefährdend auswirken können.

Ausblick

Aufgrund der raschen Entwicklungen in der Corona-Krise können die gewonnenen Erkenntnisse lediglich als Momentaufnahme interpretiert werden. Neue Entwicklungen wirken sich auf die Einschätzungen der Experten aus und beeinflussen die Geschäftstätigkeiten sowie das gesamte Unternehmen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die Reiseveranstalterbranche mit ihren überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen infolge der Corona-Pandemie in einer existenziellen Krise befindet und akuter Handlungsbedarf besteht, besonders jetzt heißt es daher der Krise bewusst entgegenzutreten und den Change Prozess anzugehen. In Teil II werden Handlungsalternativen in Form eines Modells aufgezeigt, die im Sinne des Neustarts zur mittelfristigen Strategieentwicklung genutzt werden können.

Die Ergebnisse entstammen Experteninterviews durchgeführt im Zuge der Masterarbeit „Analyse und Evaluierung vergangener und aktueller Krisen der deutschen Tourismuswirtschaft zur Entwicklung von Handlungsalternativen für touristische Akteure in Folge der Corona-Pandemie“ von Frau Ellen Bauer (Masterstudentin des Studiengangs „Unternehmertum und Leadership“ der FH Kempten) in Kooperation mit Dr. Fried & Partner.

Wollen auch Sie einen strukturierten und erfolgreichen Change Prozess in ihrem Unternehmen einleiten und fühlen sich in der jetzigen Lage verunsichert? Wir stehen Ihnen gerne als Partner auf Augenhöhe zur Seite. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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