17.06.2021
Die Corona-Pandemie hat die Tourismusbranche weltweit vor große Herausforderungen gestellt. Daher hat Dr. Fried & Partner gemeinsam mit dem Travel Industry Club Ende 2020 die Frage gestellt, wie es mittelfristig weitergehen wird und eine Szenarioanalyse durchgeführt. Ergebnis: Eine „Metamorphose“ der Branche wurde als das wahrscheinlichste Szenario angesehen. Knapp ein halbes Jahr später hat Dr. Fried & Partner nun eine Studie zum Status Quo der Branchenentwicklung durchgeführt, um zu ermitteln, wie die Reiseindustrie mit dieser Zeit des Stillstands umgegangen ist und diese ggfs. für sich genutzt hat.
In dieser Blogserie betrachten wir die verschiedenen Bereiche, die die Studie fokussiert und geben Einblicke in Ergebnisse und Ableitungen.
Die mit der Studie einhergehende Umfrage, die in Kooperation mit dem Travel Industry Club durchgeführt wurde und an der über 300 Branchenexpert*innen teilgenommen haben, wurde im Zeitraum vom 19. April bis 5. Mai 2021 durchgeführt. Über 50 Prozent der Teilnehmenden sind Geschäftsführer*innen oder Eigentümer*innen. Zudem setzt sich die Stichprobe überwiegend aus den Segmenten Reiseveranstalter, Reisevertrieb, Beherbergung, IT und Datenunternehmen sowie Beratung zusammen.
Dieser Artikel fokussiert die Frage, wie umfangreich Unternehmen seit Corona Veränderungen hinsichtlich Produktgestaltung und -weiterentwicklung vorgenommen haben. Mit einer Skala von 1 (sehr umfassende Veränderungen) bis 5 (gar keine Veränderungen) wurde abgefragt, wie weitreichend Produktangebote individualisiert und das Sortiment erweitert wurde, ob Produktinnovationen eingeführt wurden und wie stark die Produktion flexibilisiert wurde.
Im Bereich der Produktgestaltung wurden vor allem Corona-bedingte Produktinnovationen realisiert (Bewertung: 2,54). Nach Einschätzung von Dr. Fried & Partner liegt der Fokus hier insbesondere auf der Entwicklung von Möglichkeiten zum kontaktlosen Reisen und der Einführung neuer (virtueller) Services sowie einer stärkeren persönlichen Betreuung. Im Eventbereich haben sich hybride und virtuelle Angebote etabliert und der teilweise Wegfall von Umbuchungsgebühren im Flugbereich kann ebenfalls als Produktinnovation vor allem im Bereich der Pauschaltouristik gesehen werden. Im Hotelumfeld wurde eine unkonventionelle Nutzung des Angebotes, wie etwa Schule oder Homeoffice im Hotel, ermöglicht oder die Zeit für Renovierungen genutzt, um das Angebot zu überarbeiten. Zudem wurden zum Beispiel neue F&B-Konzepte als Pop-Up Varianten entwickelt.
Damit einhergehend wurden zum Teil auch die Sortimente der Anbieter erweitert (Bewertung: 2,66) und punktuell um andere Wertschöpfungsstufen ergänzt. Hier sehen wir vor allem die Anpassung der Angebote an neue Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse der Reisenden (z. B. freier Mittelplatz, COVID-Versicherung etc.). Auch wurde bei vielen Unternehmen der Produktmix angepasst und zusätzliche Leistungsangebote wie etwa naturnahe bzw. erdgebundene Reisen, Ferienhaus/-wohnung, regionale Angebote oder Tagesreisen ergänzt sowie Destinationen mit niedrigen Inzidenzen fokussiert.
Zum Teil wurden Sortimente aber auch bewusst verkleinert, um sich stärker zu spezialisieren (beispielsweise auf Luxusangebote) oder sich von Leistungsträgern zu trennen.
Hinsichtlich der Flexibilisierung von Leistungserstellung (Bewertung: 2,86) und der Individualisierung des Produktangebotes (Bewertung: 2,93) attestieren die Expert*innen mittelmäßige Fortschritte. Nach Einschätzung von Dr. Fried & Partner wurde vor allem im Bereich der Leistungserstellung flexibilisiert, um kurzfristig auf Nachfragepeaks reagieren zu können und den ständig wechselnden Auflagen zu entsprechen. So werden zum Beispiel flexiblere Verträge mit Leistungsträgern verhandelt oder vereinzelt komplett Cloud-basierte Veranstalter-Lösung vorangetrieben.
Hinsichtlich der Angebotsindividualisierung sehen wir vor allem den Ausbau der Eigenanreise, einen stärkeren Fokus auf Bausteinprodukte, sowie eine Flexibilisierung der Reisetermine und der Stornobedingungen.
Der Travel Industry Club ist Meinung, Netzwerk und Zukunft. Hier treffen sich die Macher und Beweger der Reisebranche, gemeinsam wird die Zukunft des Tourismus unabhängig vorgedacht. Hier werden komplexe Zukunftsthemen erörtert und Ideen entwickelt – und das auch mit dem Blick über den touristischen Tellerrand hinaus. Zudem rückt der Travel Industry Club die wirtschaftliche Bedeutung der Reiseindustrie stärker ins Licht der Öffentlichkeit, der Medien und der Politik und bringt mit dem Young TIC den Nachwuchs mit den führenden Akteuren der Branche zusammen.